
Mastria: Mobility Orchestration in the digital age
Staus und Überlastung jeglicher Verkehrsströme (MIV, Bahnen, Fahrräder, E-Scooter, Fußgänger, Reisende in Bahnhöfen und Flughäfen...) sind eine erhebliche Herausforderung für Großstädte weltweit. Aufgrund der Abhängigkeit und Beeinflussung der Verkehrsträger untereinander in der dichten städtischen Umgebung löst ein Zwischenfall bei einem Verkehrsträger eine Reihe von Reaktionen aus, die Auswirkungen auf das gesamte Verkehrssystem der Stadt hat. Um auf diese Herausforderung zu reagieren, entwickelt Alstom „Mastria“, die erste multimodale Lösung zur Überwachung- und Orchestrierung der Mobilität. In diesem Artikel wird das globale Konzept zu Mastria sowie zwei verschiedene Funktionen in ihrem betrieblichen Umfeld vorgestellt. An diesen Funktionen wird aufgezeigt, wie die tägliche Betriebsführung in öffentlichen Verkehrssystemen (für Straße als auch für die Schiene) mit Mastria verbessert wurde. Darüber hinaus wird der Fortschritt zur Implementierung dieser Funktionen in eine allumfassende Mobilitätsorchestrierung vorgestellt.
Mastria: Kontext und Konzept
Zurzeit treiben private Unternehmen (zum Beispiel im E-Scooter Bereich) die Entwicklung von Mobility as a Service (MaaS) mit einem individuellen Ansatz voran. Behörden müssen jedoch die Verkehrssysteme der Stadt weiterhin steuern können, um eine nachhaltige Mobilität zu fördern. Mastria unterstützt somit Behörden und Betreiber dabei, das Verkehrsangebot an die tatsächliche Nachfrage anzupassen und die verschiedenen Verkehrsträger besser aufeinander abzustimmen.
Mastria überwacht die Mobilität in der Stadt indem es Echtzeitinformationen von allen Verkehrsträgern aufnimmt und an die Kontrollzentren der Betreiber meldet. Ferner gibt Mastria auch Empfehlungen, welches Verfahren zu befolgen ist und wie Korrekturmaßnahmen in Echtzeit von einer Mobilitätszentrale der Stadt aus umgesetzt werden können, wenn es zu Zwischenfällen kommt. Ziel von Mastria ist, den Verkehrsfluss in einer Stadt für alle Teilnehmer so reibungslos wie möglich zu gestalten und die Wege der Reisenden zu ordnen. Mastria ist eine reine Softwarelösung, die sich an jede Art von Leitstelle, Datenerfassungs- und Verkehrsüberwachungssystem anpassen kann. Mastria kann daher in einer Stadt mit den Systemen von Alstom, aber auch mit denen anderer Hersteller kombiniert werden.
Mastria analysiert, simuliert die Mobilitätsnachfrage und sagt diese auch vorher. Dies geschieht auf Grundlage verschiedenster Datenquellen wie Telekommunikation (Nutzung von Mobilfunk), Ticketing, Zählsystemen (Fahrgastzählung an den Türen oder auf dem Bahnsteig), Kameraüberwachung, Bluetooth-Baken und heterogene Daten (Wetter, Verkehrsmeldungen, weitere Zwischenfälle), die sich auf die Mobilitätsnachfrage auswirken. Durch umfangreiche Datenintegration überwacht Mastria die Personenströme in Echtzeit. Gleichzeitig prognostiziert es die Auswirkungen, um Nachfrageentwicklungen bei Verkehrsverlagerungen zu antizipieren und die Auslastung von Knotenpunkten zu steuern.
Das Wetter hat zum Beispiel einen starken Einfluss auf die Nutzung der verschiedenen Verkehrsmittel. Schlechtes Wetter kann Menschen in die U-Bahn locken, weshalb die Buslinien im Anschluss zur U-Bahn verstärkt werden sollten; in diesem Fall könnten die regelmäßigen Nutzer des öffentlichen Verkehrsangebots per App eine Empfehlung erhalten, ihre Fahrt früher oder später anzutreten oder zu verschieben, um eine Überlastung zu vermeiden. Im Gegensatz dazu sollten bei gutem Wetter E-Roller von Sharing Anbietern am Ausgang der wichtigsten Knotenbahnhöfe zur Verfügung stehen. Mastria kann die Nachfrageentwicklung vorhersagen und den Behörden und Betreibern Ratschläge geben, damit sie entsprechend handeln und den Menschen in der Stadt die beste Art der Fortbewegung empfehlen.
Alstom hat beschlossen, gemeinsam mit städtischen Betreibern an konkreten Anwendungsfällen zu arbeiten, um Mastria-Funktionen Schritt für Schritt zu implementieren und so dem Markt eine allumfassende Lösung zur Steuerung der Mobilitätsströme zu bieten. Wie bei jeder Produktentwicklung müssen in der Tat Zwischenschritte unternommen werden, bevor das allumfassende Endprodukt einsatzbereit ist. Im Folgenden werden daher zwei Anwendungsfälle vorgestellt. Der erste konzentriert sich auf das Management eines heterogenen Bussystems, der zweite auf die Optimierung eines U-Bahn-Anschlusses.
Beispiel Saragossa: Koordination mit mehreren Betreibern
Um das Management des städtischen Busnetzes von Saragossa zu verbessern, haben CTAZ (Verkehrskonsortium der Region Saragossa) und Alstom in Spanien ein Pilotprojekt zur Implementierung der Mastria-Lösung entwickelt. Das letztendliche Ziel besteht darin, auf Zwischenfälle in Echtzeit zu reagieren und die von der Behörde und den Betreibern ergriffenen Maßnahmen zur Behebung von Störfällen effizienter zu koordinieren.
Die von CTAZ koordinierte Busflotte, auf der das Innovationsprojekt basiert, umfasst 6 verschiedene Betreiber und deckt 30 Gemeinden mit insgesamt 25 Linien ab. Die Organisation dieses komplexen Netzes, das jährlich über 5 Millionen Fahrgäste befördert, stellt eine echte Herausforderung dar: die verschiedenen Betreiber verfügen über unterschiedliche interne Verwaltungsmechanismen. CTAZ ist zwar der Anlaufpunkt für Fahrgäste, hatte jedoch Mühe Informationen zum Busverkehr in Echtzeit zu erhalten. Somit war die Überwachung von Zwischenfällen, mit denen die verschiedenen Betreiber konfrontiert sind, sehr aufwendig. Da die Behörde nicht wusste, was in ihrem Netz genau geschah, konnte sie die Fahrgäste nicht korrekt und rechtzeitig informieren. Vor der Einführung von Mastria wurde die Nachverfolgung und Aufarbeitung der verschiedenen Vorfälle von der Behörde nur dann manuell durchgeführt, wenn ein Kunde ein Problem durch einen Anruf bei der Behörde gemeldet hätte. Die Servicequalität (Pünktlichkeit, Anzahl von Ausfällen…) insgesamt wurde zwar monatlich, jedoch nicht in Echtzeit überwacht. Die Ergreifung von Verbesserungsmaßnahmen war daher sehr zeitaufwändig.


Beispiel Panama: Optimierung eines Kreuzungsbahnhofs (U-Bahn)
Eine weitere Stadt, in der sich Mastria bewährt hat, ist Panama City: Hier sind die Ergebnisse deutlich quantitativer und somit messbarer als in Saragossa. Mastria wird eingesetzt, um einen strategischen Knoten im U-Bahn Netz zu entlasten.
Die Metro von Panama besteht aus zwei Linien, die den Norden und Osten der Metropole mit dem Stadtzentrum verbinden. Die 15,8 Kilometer lange Linie 1, die im April 2014 eröffnet wurde, bedient vierzehn Stationen, wobei eine fünfzehnte Station geplant ist. Die im April 2019 eröffnete Linie 2 hat eine Länge von 21 Kilometern und bedient sechzehn Bahnhöfe, wobei San Miguelito der Umsteigebahnhof für beide Linien ist. Die Metro von Panama wurde von Alstom schlüsselfertig gebaut, um den Straßenverkehr zwischen Panama-Stadt und dem Vorort San Miguelito zu entlasten und den Pendlern eine brauchbare Alternative zum MIV zu bieten, da das Metrobus-System unter zahlreichen Problemen leidet.
Nach Eröffnung der zweiten U-Bahnlinie in Panama, wurde diese schnell Opfer ihres eigenen Erfolgs mit überfüllten Bahnsteigen, Schlangen im Treppenhaus usw. Da die Fahrgastzahlen höher waren als erwartet, kam es insbesondere am Umsteigebahnhof von San Miguelito zu einer enormen Überlastung (siehe Bild unten). Der Betreiber versuchte, betriebliche Lösungen zu implementieren, um die Auslastung zu reduzieren, wie z.B. die Bereitstellung leerer Züge oder das Auslassen von Bahnhöfen. Es gab jedoch keine Möglichkeit, die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Frequentierung der Bahnhöfe zu messen. Die Herausforderung bestand darin, die Auslastung zu messen und vorher zu sehen, um die beste Lösung zur Verringerung der Warte- und Reisezeit zu erwirken.




Auf dem Weg zu einer multimodalen Vernetzung
Der nächste Schritt für die Verkehrsbehörde Panamas ist der Ausbau eines solchen Systems zu einer multimodalen Plattform, um das Busangebot besser mit der U-Bahn abzustimmen und so den multimodalen Betrieb besser handhaben zu können.
Der erste Schritt wird darin bestehen, die globale Mobilität in der Stadt zu analysieren, zu überwachen und zu modellieren. Dann wird es möglich sein, die Dienste zu synchronisieren, das Verkehrsangebot an die Nachfrage anzupassen und die Fahrgäste effizient in Echtzeit zu informieren.
Die Ziele der multimodalen Plattform in Panama sind somit:
- Unterstützung bei der Planung der zukünftigen Metrolinien
- Testen verschiedener Betriebsszenarien im offline Modus zur Planung und Vorbereitung von Aktionsplänen zur gesamtheitlichen Mobilitätssteuerung
- Optimierung des Betriebs in Echtzeit in Abhängigkeit von der aktuellen Situation
- Vorhersagen von bestimmten Zwischenfällen und angemessene Reaktion
Schlussfolgerung und Ausblick
Bei der Vielzahl von Verkehrsangeboten und Akteuren ist es für die kommunalen Verkehrsbehörden heute komplizierter geworden, die Nahverkehrspolitik wie gewünscht umzusetzen. Ein Kontrollverlust droht. Indem Mastria dazu beiträgt, die Mobilität seiner Bürger besser zu verstehen, gibt es den Verkehrsbehörden die Instrumente an die Hand, um die Kontrolle über ihre Verkehrssysteme wiederzuerlangen und die integrierte Mobilität auf ihrem Territorium geordnet zu organisieren. Basierend auf künstlicher Intelligenz und Modellierungssimulationen besteht die Stärke von Mastria darin, dass es vorhandene Datensätze aus dem öffentlichen Verkehr (Dienstleistungen, Fahrzeuge, Fahrkartenverkauf), dem Straßenverkehr (Verkehrsinformationen, Parkplatzbelegung), der Telekommunikation & IoT (Start-Ziel-Matrix, Heatmaps) und sozialen Faktoren (soziale Netzwerke, Wetter, Stadtsensoren) nutzt.
In seiner endgültigen Fassung strebt Mastria folgende Ziele an:
- Förderung eines nachhaltigen Verkehrs durch Erhöhung der Fahrgastzahlen im öffentlichen Verkehr
- Verbesserung der Planung von Infrastrukturinvestitionen dank eines besseren Verständnisses des Mobilitätsverhaltens der Nutzerinnen und Nutzer und der Simulation von diesem für Szenarioanalyse im Rahmen der weiteren Stadtentwicklungspolitik
- Umsetzung einer multimodalen Integration: Analyse von Verkehrsverlagerung und Netzengpässen, Business Intelligence für den Personenfluss, Verkehrsknoten-Management etc.
- Geordnete Implementierung von Mobility as a Service (MaaS), indem Sie qualitativ hochwertige Informationen erzeugen, die über offene Datenplattformen für Mobilitätsdienste auf Abruf zugänglich sind.
- Unterstützung der betrieblichen Entscheidungsfindung durch die Vorhersage des Fahrgastverhaltens in Echtzeit, aber auch durch effiziente Information der Öffentlichkeit und eine schnelle Reaktion zur Lösung von Zwischenfällen
